Drei Jahre ZNHOCH3

Wissenschaftliche Reflektionen

Der ZNHOCH3 wurde vor drei Jahren von einigen Unternehmen und Organisationen im Bergischen Land aus eigener Initiative gegründet. In den letzten zwei Jahren habe ich den Kreis auf seinem Weg aus einer wissenschaftlichen Perspektive begleitet. Mir ging es darum zu verstehen, wie sich das Netzwerk entwickelt und wie die verschiedenen Perspektiven der Mitglieder auf das Thema Nachhaltigkeit sowie der lokale Bezug des Kreises diese Entwicklung prägen. Seit Sommer 2018 habe ich die Diskussionen in den Netzwerktreffen dokumentiert und Interviews mit den Mitgliedern geführt. Besonders prägend für den ZNHOCH3 war in dieser Zeit die Organisation und Durchführung des Unternehmensabends, einer Netzwerkveranstaltung mit 140 Teilnehmer*innen im Oktober 2019 und die damit einhergehende Vergrößerung und zunehmende Professionalisierung des Kreises.
Hintergrund zum Forschungspartner transzent

Forschungsdesign

Mit dem qualitativen Forschungsansatz des „Reflexive Monitoring“, habe ich die Protokolle über die Zeit zwischen Sommer 2018 und Februar 2020 analysiert und erste Erkenntnisse mithilfe der 18 halbstrukturierten Interviews (alle aktiven Teilnehmenden im ZNHOCH3 zu der Zeit) weiter aufbereitet. In den Interviews wurden vier Bereiche abgefragt: Die Perspektive auf unternehmerische Nachhaltigkeit (individuell und organisational), die Sicht auf den ZNHOCH3 (Motivation zur Teilnahme, Funktionsweise, Besonderheiten), Ziele und Wünsche an die Weiterentwicklung des Kreises (Vision und Struktur) und die Rolle des Lokalen (für Unternehmen und für den ZNHOCH3). Zentraler Bestandteil der Methode des Reflexive Monitoring ist, dass ich über den gesamten Forschungszeitraum an Treffen aktiv teilgenommen und Erkenntnisse in den Kreis zur gemeinsamen Reflektion zurückgespielt habe. Aus diesen Reflektionen ergaben sich nächste Schritte in der Weiterentwicklung des Kreises (siehe unten). 

Abbildung Wordcloud: Die am häufigsten genannten Begriffe in den 18 Interviews. Die Größe der Wörter richtet sich nach der Häufigkeit. 

Zentrale Erkenntnisse

Zentrale Ergebnisse aus der Beforschung und daraus gezogene Schlüsse für die weitere Entwicklung des Kreises lassen sich unter den folgenden drei Punkten zusammenfassen:  

1. Region als Identifikationsklammer

Der regionale Bezug ist zentrales Bindeglied für die (sehr unterschiedlichen) Mitglieder des Kreises.

2. Netzwerk als Aushandlungsplattform

Das Netzwerk bietet einen Lernraum, der selbst lernfähig ist und sein muss.

3. Gemeinsames Haus

Die gemeinsame Plattform braucht gestaltbare und dennoch klare Strukturen, die ihre Funktionen stützen.

1. Region als Identifikationsklammer


Das Bergische Land spielt als geografischer Bezugspunkt eine zentrale Rolle in der Genese, im Zusammenhalt und in der Weiterentwicklung des Netzwerks. Die Region ist einerseits die Identifikationsklammer, die die beteiligten Organisationen in dieser Konstellation zusammenführt und eine gemeinsame Basis schafft. Sie ist andererseits Fokus des gemeinsamen Handelns, das neben dem Austausch zwischen den Mitgliedern über die Zeit in den Mittelpunkt gerückt ist. In 5-Jahres Visionen der einzelnen Mitglieder für den Kreis, taucht die Region immer wieder als zentraler Wirkbereich für das gemeinsame Handeln auf. Die Mitglieder sehen außerdem regional spezifische Aspekte als zentral für die Entwicklung des Kreises in dieser Form an: Darunter fallen die ausgeprägte Eigeninitiative, die in der „DNA des Bergischen“ zu liegen scheint, die große Anzahl an regional verwurzelten Traditions- und Familienunternehmen und die Ansässigkeit von Organisationen, die das Thema Nachhaltigkeit forcieren (konkret benannt wurden das Wuppertal Institut, das tranzent und das CSCP).

2. Netzwerk als Aushandlungsplattform


Die Mitgliedsorganisationen und ihre Vertreter*innen im Kreis bringen sehr unterschiedliche Perspektiven auf das Thema Nachhaltigkeit mit. Bei den Einen steht das ökologische Engagement im Mittelpunkt, bei den Anderen das Soziale. Während Einige sich insbesondere vor Ort in der Region engagieren, geht es anderen in erster Linie die Einbindung von Nachhaltigkeit ins Kerngeschäft. Der ZN3 fungierte über die letzten Jahre als Aushandlungsplattform dieser verschiedenen Verständnisse und hat dabei selbst einen Lernprozess durchlaufen. Während zu Beginn der Austausch der Mitglieder zu ihren jeweiligen Nachhaltigkeitspraktiken im Fokus stand, hat das gemeinsame Handeln über die Zeit an Bedeutung gewonnen. Die Organisation des Unternehmensabends im Oktober 2019 stellte dabei das erste große Erfolgserlebnis und einen Meilenstein in der Entwicklung des Kreises dar.

Lernprozess


Abbildung: Die Entwicklung des Kreises seit 2017
Trotz wahrgenommener Höhen und Tiefen in der Zusammenarbeit, haben sich die Beziehungen auf Netzwerkebene immer weiter intensiviert. Einen zentralen Meilenstein stellte der erfolgreiche Unternehmensabend dar. 

3. Gemeinsames „Haus“


Insbesondere im letzten Jahr wurde verstärkt über die Notwendigkeit einer Formalisierung des Kreises diskutiert. Vor dem Hintergrund der Weiterentwicklung von losem Austausch hin zu gemeinsamem Handeln, wurde die Frage nach klaren Visionen, nach einer geeigneten Rechtsform, nach Möglichkeiten der Finanzierung, nach der Kommunikation nach außen und nach Ansprechpartnern relevanter. Als Reflektions- und Bezugsbild habe ich daher das „gemeinsame Haus“ in den Kreis hineingespielt, dessen Fundament das kontinuierliche Engagement der Mitglieder sowie die zentralen Aspekte der Nachhaltigkeit und des Regionalbezugs darstellt. Das Dach beherbergt die gemeinsame Vision und die Arbeitskreise, die sich mit dem weiteren Ausbau des Hauses beschäftigen. Die verschiedenen „Räume“ des Hauses bieten unterschiedlichen Bedürfnissen Platz, sie sind gestaltbar und veränderbar. Das Haus ist grundsätzlich erweiterbar, aber es bietet auch klare Strukturen. Mit diesem Bild im Kopf muss überlegt werden: Was brauchen wir als Kreis, was brauchen wir vielleicht auch nicht? Wer hat Lust, das gemeinsame Haus mit zu gestalten? Steht die Tür für jeden offen und was passiert in den einzelnen Räumen? Ist unser Haus beliebig erweiterbar oder wollen wir irgendwann nicht mehr anbauen? Können wir nach diesem Vorbild weitere Häuser, vielleicht in anderen Regionen, errichten? Und zu guter Letzt: Nicht alle werden sich in dieser Struktur und mit den damit einhergehenden Verpflichtungen wohlfühlen. Es ist in Ordnung, wenn sie zunächst nur zur „Gartenparty“ kommen und dort in den Austausch gehen.

Gemeinsames „Haus“


Ein Bild für die Zusammenarbeit, das die Weiterentwicklung seit Februar 2020 begleitet hat. Zentrale Elemente sind das Dach (Vision und grundlegende Strukturelemente) und die Ausgestaltung (Formate, Strategische Fragen, Außenkommunikation). Die Zusammenarbeit basiert auf dem kontinuierlichen Engagement der Mitglieder sowie den beiden verbindenden Elementen „Nachhaltigkeit“ und „Regionalbezug“. Die Darstellung beinhaltet die Weiterentwicklung seit der Präsentation im Februar, siehe „Status Quo und nächste Schritte“.

Status Quo und nächste Schritte

Im Sinne der Kontinuität und der Errichtung gemeinsamer Strukturen, wurden verschiedene Arbeitskreise errichtet. Der Strategiekreis beschäftigt sich seit der gemeinsamen Reflektion der wissenschaftlichen Erkenntnisse im Februar 2020 mit der strategischen Weiterentwicklung und nutzt dazu das Bild des gemeinsamen Hauses. Dabei stellt sich aktuell die Frage nach einer geeigneten Rechtsform, um den Kreis weiter zu professionalisieren und Strukturen zu schaffen, die ein gemeinsames Handeln zukünftig ermöglichen. Zudem wurden verschiedene Formate entwickelt, die den verschiedenen Bedürfnissen der Mitglieder im Kreis gerecht werden sollen. 
Neben den großen Netzwerktreffen soll es daher zukünftig 
a) Sparrings-Formate geben, in denen einzelne Mitglieder sich gezielt zu ihren Fragen austauschen, 
b) Vertiefungsworkshops, in denen einzelne Themen behandelt werden (ggf. im Tandem mit weiteren Mitarbeiter*innen und mit externen Expert*innen), 
c) Veranstaltungen, in denen der Kreis sich nach außen präsentiert (ähnlich dem Unternehmensabend) und 
d) Aktionen, in denen gemeinsam gehandelt wird (z. B. eine gemeinsame Baumpflanzaktion). 
Der PR-Kreis beschäftigt sich mit der Schnittstelle nach außen. Zentrale Produkte der letzten Monate sind eine Absichtserklärung (basierend auf den UN-Sustainable Development Goals), die alle Mitglieder des Kreises unterzeichnen, die gemeinsame Website und die Weiterentwicklung der Social Media Aktivitäten.

Autorin und Grafiken:
Verena Hermelingmeier, Doktorandin und wissenschaftliche Mitarbeiterin transzent
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